23.08.1967  geboren in Hannover  •  1987-1991  Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Stuttgart bei Prof. Wolfgang Gäfgen  •  1991-1995   Weiterführung des Studiums an der HBK Braunschweig bei Prof. Malte Sartorius und      Prof. Karl-Christoph Schulz • 1992 Arbeitsstipendium für Druckgrafik im Schloss Wolfsburg  •  1994 Meisterschülerin von Prof. Malte Sartorius  •  1995  DAAD Arbeitsstipendium für New York  •  1995-2020  Leben und Arbeiten in Berlin  •  2018-2020  Renovierung Haus in Schmiedeberg (Uckermark)


lebt und arbeitet in der Uckermark

Interview von 2021

geführt von Ulrike Schröder anlässlich des Kataloges  w o h i n ?

Was fasziniert Dich an dem Thema Wege? 


Ein Großteil des Alltags besteht aus dem Zurücklegen von Wegen. Tatsächlich, oder auch nur in Gedanken. Mich interessiert die Poesie des Alltäglichen, nicht die des Besonderen. 


Es gibt Wege, die führen irgendwohin. Und es gibt Wege, die umfassen einen ganzen Zeitraum, von der Gegenwart bis in die Vergangenheit. Hier ist alles zeitgleich präsent. Sozusagen ein erinnertes „Alles“, das sich mit mir bewegt. 


Ich kann durch meine Erinnerungen laufen wie einen realen Weg. Beides geht sowohl aus großer Entfernung als auch mit dem Blick auf das Kleine, das Verborgene. Hier ist der Unterschied zwischen einer Astgabel und einer Weggabelung gar nicht so groß. Blattachsen sind auch Strecken. Thematisch beschäftigt sich die Bilderreihe Wege (Unkraut -Stellaria media) genau damit. 


Lange Zeit hast Du hauptsächlich mit Acrylfarbe gemalt, auf Holzkörpern, oder MDF-Platten, warum hast Du eine neue Technik, das Aquarell, gewählt? 


Die Idee, zu Aquarellieren hat mich schon länger begleitet. Durch unseren Hauskauf in der Uckermark hat sich eine Zäsur ergeben. Zum ersten Mal überhaupt habe ich eineinhalb Jahre nicht im eigentlichen Sinne künstlerisch gearbeitet. Alle künstlerischen Ideen sind vielmehr in unser Haus geflossen. Das Renovieren hatte so auch etwas von einem Kunstprojekt, gepaart natürlich mit viel praktischem Werken und Wirken. 


Nach geschafftem Umzug brauchte ich eine neue künstlerische Herausforderung. Und es war klar, diese wird das Aquarell sein, ohne zu wissen, wohin genau mich diese Technik bringen würde. Ich hatte eine Leichtigkeit im Sinn mit viel Leere… 


Was hat sich für Dich mit dieser neuen Technik beim Malen verändert? 


Inhaltlich wenig. Pläne waren schon immer die Grundlage meiner Bilder. In ihnen habe ich Muster herausgearbeitet, die auch immer etwas mit mit erlebten Wegen zu tun haben. Das Gewohnte, das Eigene, das Unterwegssein habe ich mit den Mustern des Gesehenen, mit Natur, Fassaden und Wegmarken verbunden. 


Beim Malen mit Acrylfarbe konnte ich durch viele dünne gemalte Farbschichten eine Tiefe entstehen lassen und auch eine helle Leichtigkeit, ein Schweben. Beim Aquarell ist das anders. Das Weiß ist die unbemalte Stelle und das Leichte entsteht hier durch Auslassung.Trotz dieses Wissens war die Umsetzung anfangs schwieriger als gedacht. Die gewünschte Leere hat die ersten Blätter oft zu leicht werden lassen. Sie brauchten eine Grenze, einen Rahmen… 


Es ist leicht mit Aquarellfarben „schöne“ Bilder zu malen, besonders bei der Landschafts- und Pflanzendarstellung. Bist Du eine Grenzgängerin zwischen Abstraktion und Kitsch? 


Damit spiele ich zuweilen und wandere bei der Konzeption der Bilder gern auf diesem schmalen Grat. Dabei verbiete ich mir Vieles, das zu einfach wäre. Zum Beispiel ist es kaum möglich, die Farbe Rot für Pflanzen zu verwenden, ohne dass es kitschig wirkt. Manchmal muss es dann aber doch sein und das erlaube ich mir mit einem Augenzwinkern. 


Ändert sich Dein Blick auf die Natur, weil Du nicht mehr in der Stadt lebst, sondern auf dem Land? 


Das Leben in der Großstadt kann wegen der Enge, der vielen Menschen, dem Verkehr, ... sehr anstrengend sein, aber dann doch auch wieder ganz einfach. Wenn sich zum Beispiel der Blick auf ein Detail schärft, das ganz unspektakulär sein kann. Ein Blatt im Wind … 


Die Sehnsucht nach Natur ist in der Stadt vermeintlich größer, weil sie weiter entfernt scheint und die Stille fehlt. Andersherum habe ich in diesem Jahr vom Land aus an der Bilderreihe für M gearbeitet, die ich Martin Klenk widme. Hier bin ich in Gedanken u.a. seine städtischen Wege in Berlin nachgelaufen. Ganz präzise konnte ich sie verfolgen. Mit einer großen Klarheit, die ich ohne Abstand vor Ort in Berlin so nicht gehabt hätte. 


Natur hat sehr viele Facetten. In meiner Sehnsucht als Städterin habe ich sie zumeist mit unverbauter Landschaft, Menschenleere und weitem Horizont gleichgesetzt. Seit ich auf dem Land lebe weiß ich, egal wo ich bin, mein Blick bleibt der selbe. Aber er wird durch räumliche Distanz zu dem jeweils anderen Ort geschärft. 


Denn, auch im ländlichen Garten zieht es einen zu den Weiten der Felder und Wiesen. Und steht man inmitten von Grün, stellt man fest, auch hier ist es auf einmal gar nicht so still …